25. April 1969: "Dunkelhaft" für eine Mieze

R. P.

25.4.2019, 07:41 Uhr
25. April 1969:

© Holzknecht

Ob die Mieze in den Sockel geklettert war, ehe Arbeiter die letzte Hand anlegten, oder ob sie das Opfer eines abscheulichen Bubenstreiches wurde, wird sich vermutlich nie klären lassen.

In der Adelgundenstraße 23 päppelt Frau Gertrud M. das während seiner Haft bis auf die Knochen abgemagerte Tier wieder auf. „Der Katze geht es schon wieder ganz gut. Sie folgt mir auf Schritt und Tritt und schreit kläglich, wenn ich weggehe“, berichtet sie. Offenbar haben sich die drei Wochen Alleinsein tief ins Gedächtnis der Mieze eingegraben.

Der Kater hat es einer Reinemachefrau zu verdanken, daß er entdeckt wurde. Sie hörte jämmerliches, dumpf klingendes Miauen. Da sie sich die Herkunft nicht erklären konnte, zog sie einen Installateur zu Rate. Der horchte alles ab, und dann stand für ihn fest: das Tier steckt hinter den Badewannenkacheln. Der Handwerker, ein Neffe von Gertrud M., schlug ein Loch in die Fliesenwand, Plötzlich sauste wie ein Blitz die Katze an ihm vorbei. Sie war so verschreckt, daß sie sich im Keller des Neubaus verkroch. Erst einen Tag später wurde sie endgültig gefunden.

Krallen abgewetzt

Ein Tierarzt stellte fest, daß sich der Kater während seiner Gefangenschaft die Krallen völlig abgewetzt hatte – der Beweis dafür, daß das Tier verzweifelt versucht hat, sich selber zu befreien. Außerdem sind die Augen durch die lange Dunkelhaft entzündet und die Muskeln haben sich stark zurückgebildet.

Ansonsten aber ist die Katze gesund. Für den Tierarzt steht fest, daß es sich um einen im Herbst geborenen Kater handelt, der ein gutes Zuhause gehabt haben muß, „sonst hätte er die drei Wochen ohne Nahrung nicht überstanden“. Gertrud M. hofft nun, daß sich der Besitzer der Mieze meldet oder sich ein anderer Tierfreund um sie annimmt. „Zwei Katzen kann ich leider nicht halten“, bedauert sie.

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